Didis Bücherturm

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Hurra, wir leben noch!


Das ist der Titel eines Romans von Johannes Mario SIMMEL (den ich wegen seiner guten Recherche und seines Engagements bewundere) und eines Songs von MILVA (die ich seit ihrer Tango-Sammlung und ihrer Brecht Lieder mag). Ein Satz, der die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg kennzeichnet - die Fünfzigerjahre, in denen ich meine Kindheit erlebte. Wir leben noch - das ist ein Grundgefühl, das in mir steckt und das mich immer wieder aufstehen lässt, wenn es mir mal schlecht geht.

Persönliches
 Rund sieben Wochen ist es her, dass ich mich hier zuletzt gemeldet habe. Hinter mir liegt eine längere Krankheit - eine fiebrige Bronchitis, die in eine Lungenentzündung zu kippen drohte. Mein Allgemeinbefinden war meines Wissens noch nie so schlimm wie in den hinter mir liegenden Wochen. Frau und Tochter waren ebenfalls krank, wenn auch nicht ganz so intensiv und lange. Ich hatte bleischwere Tage, an denen ich im Schlaf oder in Fiebertrance war und trotzdem halbwegs funktionieren musste. Kindergarten, kochen, einkaufen - das musste ja alles funktionieren, und nebenher gab’s eine Beziehungskrise, die noch nicht ganz ausgestanden ist. Sowas kommt wohl überall vor.

Berufliches
Viel Arbeit fiel aus und wurde verschoben. Seit August hielt ich mich an einem Manuskript auf, das eigentlich dem unmittelbaren Lebensunterhalt dienen sollte - immer wieder bekam ich das Manuskript zurück - keine Spannung, am Thema vorbei, da passiert nix. Stimmt alles. Ich habe dann das Manuskript erst einmal abgebrochen und ein anderes begonnen - es geht sonst nicht weiter. Ich muss jetzt aber endlich wieder an meine großen Projekte - das Zeiss-Buch, den Augsburg-Krimi und eine neue Idee, die ich aber nicht angehen werde, solange ich nicht die zwei wichtigsten Projekte abgeschlossen habe. Ich werde jetzt alles nacheinander abarbeiten. Klingt wie ein Neujahrsvorsatz, von dem niemand erwartet, dass er eingehalten wird, aber ich werde meine ganze Tatkraft einsetzen.

Politisches
Inzwischen haben sich die Welt und das Leben verändert. Wir haben viele Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen, meist mit einem Willkommen, aber es gab auch viele würdelose Reaktionen, besonders unter Bevölkerungskreisen im Osten, aus denen früher riesige Mengen an Wirtschaftsflüchtlingen kamen, die wir im Westen ganz selbstverständlich begrüßt und aufgenommen haben. Beängstigend ist die Zahl der Brandstiftungen in ganz Deutschland und das Hoffähig-Werden rechter Organisationen und Parteien. Aber vorerst genug davon - ich habe in der letzten Zeit nicht alles mitbekommen und bin noch dabei, mir ein Bild zu machen. Meine Grundstimmung ist aber: Wir werden bereichert durch die vielen Menschen, die zu uns kommen. Egal ob Arbeitsmarkt, Rentenkassen oder Kunst und Literatur: Irgendwann wird es Schriftsteller geben, die diesen kulturellen Schub verkörpern, den sie uns mitbringen, und die dann stolz sagen: Ich bin Deutschsyrer. Es werden noch Jahre vergehen, aber sicher wird es Menschen geben, die diese Flucht (zu Fuß! Unter Lebensgefahr!) und ihre Erlebnisse aufzeichnen und verarbeiten. Ich freu mich drauf.