Didis Bücherturm

Dienstag, 10. Februar 2015

Einblick in meine Werkstatt


Zur Zeit schreibe ich (unter anderem) an einem biografischen Roman und habe dadurch wenig Zeit für diesen Blog. Lange habe ich überlegt, ob es richtig ist, damit hinter dem Berg zu halten - es sollte vorerst niemand wissen, an welchem Thema ich arbeite, damit mir niemand zuvorkommt. Das ist mir schon einmal passiert - ich hatte ein tolles Thema, habe einem Freund (und Kollegen) begeistert davon erzählt, und noch während ich an den Recherchen saß, war ein Buch zum gleichen Thema auf dem Markt, zusammengestellt von einem Journalisten, der mit meinem (ehemaligen) Freund befreundet war.
Pech gehabt? Dumm gelaufen? Jedenfalls dumm gewesen! Doch immerhin hat mich die Sache vorsichtig gemacht.
Nun, da ich sehr viel Recherchearbeit erledigt habe (und noch weiter grabe), bin ich so weit, dass mir zwar immer noch jemand zuvorkommen könnte, ich aber inzwischen die bessere Qualität abliefern kann: Bei einem biografischen Roman kommt es auf Details an, die dem Leser (und der Leserin) Neues berichten, was bisher nicht bekannt war, oder Zusammenhänge aufzeigt, die andere bisher nicht gesehen haben. Und da habe ich einen Vorsprung. Das bin ich meinen Besuchern, immerhin 23.000 bisher, schon schuldig. Danke für Euer Interesse!

Recherche und Filterstufen
In meinen vorigen Eintrag über die knappe Zeit (hier ein direkter Link) findet ihr ein Foto, das einen Teil meiner Arbeit zeigt - ein paar Bücher (die nur einen minimalen Teil meiner Quellen darstellen), dann rechts einen Stapel großer Bögen, mein „Kernstück“. Hier wird stichpunktartig alles eingetragen, was für meine Arbeit wichtig ist. Ganz oben die Jahreszahlen - es gibt für jedes Lebensjahr meines Helden eine Spalte. In der ersten Zeile seine wichtigsten Lebensereignisse, dann, in verschiedenen Zeilen, Ereignisse in seiner näheren und weiteren Umgebung bis hin zu allgemeinen Zeitvorgängen und historischen Hintergründen: Politik, Kultur, technische Erfindungen usw.
Daraus destilliere ich eine Essenz für mein nächstes Kapitel - stichpunktartig auf einem DIN-A-4-Block, und hieraus werden Vorformulierungen, Überlegungen und sonstige Notizen, die dann in meinem Arbeitstagebuch niedergelegt sind (ganz links im Bild). Erst jetzt wird der PC eingesetzt, und es entsteht eine Rohmanuskript am Bildschirm, das in späteren Durchgängen überarbeitet, ergänzt, korrigiert und schließlich im Verlag lektoriert wird. Bevor das Rohmanuskript an den Lektor geschickt wird, kommen immer noch Details hinzu, werden Abschnitte umgesetzt, erweitert und manchmal auch gestrichen. Durch diese Filterung wird so weit wie möglich verhindert, dass ich, abgsehen von bewussten Zitaten, irgendwelche Formulierungen aus meinen Quellen übernehme. Sie dient aber auch dazu, dass ich mir die Essenz des jeweiligen Ereignisses klar mache.

Ein Portrait
So arbeite ich an mehreren Kapiteln gleichzeitig, wie ein Maler an verschiedenen Stellen seines Portraits malt, je nachdem, welche Farbe er gerade angerührt hat und welchen Pinsel er gerade führt. Manchmal verändert sich das Licht, es fällt ein neuer Schatten oder es gibt ein interessantes neues Highlight, das unbedingt dazugehört, um das Portrait stimmig zu machen. Es wird niemals das gesamte Wesen seines Modells einfangen können, aber es wird ihm nahe kommen und hoffentlich die Charakterzüge herausarbeiten, auf die der Portraitist besonderen Wert legt. Hier sind es Zielstrebigkeit, Ausdauer, Fleiß, aber auch Verzicht auf Dinge, die dem Erreichen des Ziels im Wege sind - all das gepaart mit Menschlichkeit, Empathie und Herzenswärme.